Andrea Maria Längle

Unternehmerin und Geschäftsführerin

Die junge Mama leitet seit über zwei Jahren als Geschäftsführerin die „Längle Pulverbeschichtung GmbH“ in Klaus in Vorarlberg. Der Betrieb ist, neben der „Längle GmbH, eine Tochter des familieneigenen Unternehmens „Längle Group“, bei der die 35-Jährige – mittlerweile in sechster Generation – ebenfalls mit in der Geschäftsführung sitzt. Daneben hat Andrea Maria Längle gemeinsam mit ihren drei Schwestern ein eigenes Immobilienbüro gegründet.

Wir haben unseren Interviewtermin mit der Geschäftsfrau direkt in ihrer Firma in Klaus vereinbart. Dort sind wir – sehr professionell und freundlich – von einer Empfangsdame in ein Besprechungszimmer begleitet worden. Andrea Längle hat sich kurz darauf, gut gelaunt und ohne viel Umschweife das „Du“ anbietend, vor ihren Espresso gesetzt, und wir haben zu plaudern begonnen. Entwickelt hat sich ein Gespräch über „Working Moms“ und Frauen in den Dreißigern, die noch viel vorhaben:

Titelbilder: ©Eva Rauch/Andrea Längle

Grundoptimismus und Vertrauen

Dass Andrea Längle eine positive und in die Zukunft gerichtete Frau ist, bei der „das Glas immer halb voll“ ist, führt sie auf ihre bisherige Lebensgeschichte zurück, in der sie einen gewissen Grundoptimismus und viel Vertrauen tanken durfte: „Ich bin sehr idyllisch und unbeschwert aufgewachsen.“ Und obwohl auch Andrea Längle naturgemäß mit negativen Erfahrungen konfrontiert worden ist, hat sie sich ihre unkomplizierte und pragmatische Art, an Menschen heranzugehen, bewahrt: „Ich nehme die Dinge so, wie sie kommen und versuche, zukunftsgerichtet zu handeln, was mal besser und mal schlechter gelingt. Ich würde die Unbeschwertheit meiner Kindheit fast als Seifenblase beschreiben…“

Unternehmerfamilie seit Generationen

Wer sich hier nun vielleicht dazu verleiten lässt, Unbeschwertheit mit Naivität gleichzusetzen, der würde sich täuschen: Denn auch der Unternehmergeist ihrer Familie hat Andrea Längle geprägt: „Das konnte man gar nicht von uns Kindern fernhalten“, erklärt sie, „es wird am Mittagstisch über Geschäftliches geredet, der Papa kommt oft spät und müde nach Hause und arbeitet auch am Samstag…“. Andrea Längles Vater hat den Betrieb von seinem Vater übernommen, dessen Urgroßvater wiederum die Firma im Jahr 1856 ursprünglich als Malerhandwerksbetrieb gegründet hat. „Mein Großvater ist übrigens erst vor ein paar Wochen verstorben“, fügt Andrea Längle ein. „Er war 96. Sein Sohn, also mein Vater, hat die weiteren Standbeine des Betriebes geschaffen – das Sandstrahlwerk beispielsweise und die Pulverbeschichtung. Er hat das vom reinen Malerbetrieb bis hin zur Firma für Oberflächenveredelung (Homepage „Längle Group“) erweitert.“

Andrea Längle ist mit drei Schwestern aufgewachsen und hatte, wie sie selbst sagt, „keine Ahnung, dass ich je im Betrieb meines Vaters arbeiten werde. Es war gar nicht geplant. Unsere Eltern haben uns bei den Berufen freie Wahl gelassen. Es war ihnen nur wichtig, dass wir eine gute Ausbildung machen“. Andrea Längle erzählt, dass sie sich lange Zeit gelassen hat, Kind zu sein. Daher habe sie sich lange auch überhaupt keine Gedanken über ihre Berufswünsche gemacht. Nach dem Gymnasium hat sie Wirtschaft studiert – „denn das hat mich schon immer interessiert“. Ihre Schwestern übrigens haben ganz andere Wege eingeschlagen – „die eine etwa ist Juristin, die andere arbeitet als Personalerin bei einer anderen Vorarlberger Firma und die dritte studiert noch…“.

Lehr- und Wanderjahre

Eines war für Andrea Längle allerdings immer schon klar – sie wollte keinesfalls „immer nur die Tochter des Chefs sein. Wir haben natürlich regelmäßig Ferialjobs in unserem Betrieb übernommen. Und da hat mich das immer gestört“. Deshalb hat Andrea Längle sich nach einem „eigenen Job“ umgesehen und ist dabei in der Schweiz gelandet: „Ich habe lange in Heerbrugg bei der Vermessungsfirma „Leica Geosystems“ gearbeitet, habe dort verschiedene Stationen durchlaufen, bin also meine berufliche Laufbahn Schritt für Schritt gegangen – Projektmanagement , Marketing etc. in einem großen internationalen Konzern, in dem ich sehr viele Leute kennengelernt habe. Eine ganz spannende und tolle Zeit“, schwärmt die 35-Jährige, „denn das Umfeld dort hat mich sehr geprägt, dort hatte ich das Gefühl, dass die Welt zu mir kommt. Ich bin durch die internationalen Projekte und Reisen sehr gewachsen“.

Danach hat Andrea Längle zwei Jahre lang als Produktmanagerin bei der Dentalfirma „Ivoclar Vivadent“ in Liechtenstein gearbeitet. „Das ist das Interessante an der Betriebswirtschaft“, betont sie, „dass man nicht nur auf eine Branche eingefahren ist. Und irgendwann stand dann bei mir doch die Überlegung im Raum, warum ich nicht doch im Familienbetrieb einsteigen sollte. Ich hatte zu dem Zeitpunkt viel gesehen und erkannt, dass da zuhause etwas wirklich Tolles ist und mein Papa war langsam in Richtung Pension unterwegs“.

Andrea Längle bei der Arbeit; ©Andrea Längle

Spannungsfeld Betriebsnachfolge

Eine Hauptmotivation, sich um den Familienbetrieb zu bemühen, lag auch in ihrer Erkenntnis, sich in einem mittelständischen Betrieb viel mehr bewegen zu können, als sie das als Teil eines großen Konzerns inmitten von Produktionszyklen und Strategien erlebt hatte. Das gewisse Spannungsfeld, das sich durch eine Betriebsnachfolge natürlich ergibt, mochte sich Andrea Längle zunächst gar nicht vorstellen, lacht sie: „Deshalb habe ich die Zusammenarbeit mit meinem Papa betont nicht als Vater-Tochter-Arbeit gestaltet, sondern bin als Partner in der Firma eingestiegen. Ich wollte von seinen Erfahrungen lernen, und er hat mich immer sehr ernst genommen. Darum hat es auch so gut funktioniert. Das hat er gut gemacht, muss ich sagen. Mein Einstieg in die Geschäftsführung ist dann in Absprache mit meinen Schwestern besiegelt worden.“

Andrea Längle ist seit einem halben Jahr Mama einer Tochter. Familienintern diskutiert sie viel über Kinderbetreuung – eine ihrer Schwestern ist vor anderthalb Jahren ebenfalls Mama geworden. „Und ich komme in unseren Gesprächen immer wieder zu dem Ergebnis: Das Konzept, so wie es momentan in Vorarlberg angeboten wird, ist meiner Meinung nach nicht zu Ende gedacht. Es betont immer noch vor allem den Ansatz, dass es besser sei, wenn die Kinder bei ihren Müttern aufwachsen. Im Grunde ist das richtig, aber man missachtet dabei das Bedürfnis der Kinder nach anderen sozialen Kontakten. In den Zeiten, in denen die Kinder bei anderen Erwachsenen und anderen Kindern sind, kann man sich seiner Arbeit widmen. Ich sehe das als absolute Win-Win-Situation.“ Momentan arbeitet Andrea Längle an einem Tag in der Woche. „Da habe ich ja dann immer noch die anderen Tage, die ich gemeinsam mit meinem Kind verbringen kann…“ Diesen einen Tag verbringt ihre Tochter – häufig zusammen mit deren Cousin – bei der Oma – „eine wichtige Person, keine Frage. Irgendwann werde ich mir – gemeinsam mit meinen Schwestern – eine Kinderbetreuung leisten, um die Oma zu entlasten.
Und später werde ich wieder an mehreren Tagen arbeiten, dann wird es für mein Kind normal sein, dass ich manchmal nicht da bin. Ich bin einfach auch ausgeglichener durch die Tätigkeit im Betrieb. Ich traue mich zu sagen, dass ich mich auf den Tag im Büro freue. Ich freue mich aber dann auch wieder, bei meiner Familie zu sein.“ Andrea Längle ist überzeugt davon, dass diese positive Balance auch auf ihr Kind übergeht – „jede Frau sollte das so gestalten können, wie sie es für sich braucht und haben möchte“.

Entspannung in den Bergen; ©Andrea Längle

Entspannung in den Bergen; ©Andrea Längle

Andrea Längle sieht sich selbst – gerade als Frau in der Wirtschaft – immer wieder im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichen Erwartungen und wirtschaftlichen Ansprüchen: „Auf der einen Seite verlangt die Wirtschaft mehr Frauen in Führungspositionen. Auf der anderen Seite sind Frauen zwischen 30 und 40 eben in der Rush Hour ihres Lebens. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist und bleibt für Frauen einfach sehr schwierig. Und die Erwartungen sind hoch!“ Andrea Längle erlebt diese Zwickmühle bereits jetzt am eigenen Leib: „Die Gesellschaft versteht es auf der einen Seite, doch dann gibt es wieder die, die es nicht verstehen. Ein Satz, den eine Frau dann immer gerne hört ist: Jo gea, wenn man das Kind halt abgeben muss… Viele Menschen verstehen einfach noch nicht, dass Frauen auch arbeiten gehen, weil sie gut ausgebildet sind und es auch gerne tun!“

Netzwerk aufbauen

Um sich als junge Frau in der Wirtschaft behaupten zu können, ist nach Ansicht von Andrea Längle ein gutes Netzwerk unverzichtbar. Ihre Mitgliedschaft bei „Junge Wirtschaft Vorarlberg“ beispielsweise habe ihr den Zugang zu interessanten und unterschiedlichsten Unternehmerpersönlichkeiten im ganzen Land geöffnet und geebnet: „Ich habe viele Freunde gefunden, die gleich ticken. Ich kann mich austauschen und mich bei Vorträgen weiterbilden. Ich würde jungen Frauen, die sich selbstständig machen, raten, derartige Veranstaltungen zu besuchen. Als Frau auch mal alleine, das kann schon eine Hürde sein in Vorarlberg“, lacht sie. Und Andrea Längle setzt diesen Ansatz auch um, ist etwa ehrenamtlich im Vorstand der Wirtschaftsgemeinschaft Vorderland tätig.

AJAS Schwestern; ©Andrea Längle

AJAS Schwestern; ©Andrea Längle

Zudem ist sie an einer Immobilienfirma beteiligt, die sie gemeinsam mit ihren Schwestern ins Leben gerufen hat. Der Name ihrer „AJAS-Immo GmbH“ setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der vier Damen zusammen – Andrea, Julia, Anja und Sonja. Zwar hält sich Andrea Längle bei diesem Projekt eher im Hintergrund, „aber wir haben täglich miteinander zu tun. Wir tauschen uns nach wie vor am Mittagstisch aus – einmal in der Woche treffen wir uns alle. Wir sind ein gutes Team, wir gehen sogar gerne auch mal zusammen in den Urlaub…“.

Verfasst im August 2017

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