Martina Breznik

Jazzsängerin und Kleinkindbetreuerin

Die Dornbirnerin ist ohne jeden Zweifel eine DER Jazzstimmen in Vorarlberg. Musik ist ein wertvoller Teil ihres Lebens, dennoch – oder genau deshalb – wollte Martina Breznik diese Leidenschaft nie zu ihrem Hauptberuf machen. In der Kleinkindbetreuung lebt sie ihre ausgeprägte soziale Seite und als gelernte Steinmetzin ist sie viele Jahre lang ihrer Liebe zum Handwerk nachgegangen. Seit über zehn Jahren steht sie mit ihrer „Martina Breznik Jazz Band“ auf den Bühnen des Landes.

Als wir Martina in ihrer Wohnung in Dornbirn zum Interview treffen, werden wir zunächst einmal überschwänglich von Hündchen Odi begrüßt, ehe wir in den Genuss kommen, der außergewöhnlich angenehmen Stimme der Jazzsängerin zuzuhören. Und Martina Breznik kann nicht nur singen, sondern auch erzählen. Vor uns sitzt eine unterhaltsame, gut gelaunte Frau, bei der man merkt, dass sie sich erst zurücklehnt, wenn es allen anderen um sie herum gut geht.

Titelfoto: Martin Hämmerle

Ein Bauchmensch auf der Suche

„Ich bin tatsächlich oft in der Rolle des Vermittlers und kümmere mich dann immer erst ganz am Schluss, wenn alles wieder im Lot ist, um mich selbst“, nickt die Sängerin. Als kreativer Mensch ist Martina Breznik ständig in Bewegung, sie liebt das, was sie tut – sei es die Musik oder ihren Job. Ihre Entscheidungen trifft sie aus dem Bauch heraus – „zuerst ist da die Emotion, dann überleg ich erst, ob das jetzt eigentlich gut war oder nicht. Ich weiß, das ist nicht immer ein Vorteil, aber mein Leben ist dadurch definitiv intensiver, für alles andere wäre ich zu ungeduldig“.

Geduld beweist Martina Breznik hingegen bei ihrer – wie sie es nennt – ständigen Suche nach sich selbst: „Ich habe das Gefühl, dass ich noch nicht fertig bin. Eine Zeit lang habe ich wirklich darunter gelitten, mittlerweile sehe ich das gelassener – oder im Gegenteil, ich habe mich damit angefreundet. Denn auf der anderen Seite weiß ich jetzt, dass ich mir um mich selbst keine Sorgen machen muss: Mir sind die Dinge bislang immer zum richtigen Zeitpunkt passiert. Manchmal war es mir währenddessen vielleicht nicht ganz bewusst, aber im Nachhinein hat es sich dann doch immer richtig angefühlt.“ Und so haben sich auch die bisher wichtigsten Stationen in Martina Brezniks Leben ganz ungezwungen und manchmal auch durch Zufall ergeben:

Musik war einfach immer da

Martina Breznik ist in Hohenweiler in einer Musikerfamilie aufgewachsen. Mit Bruder David, der auch heute noch als Schlagzeuger aktiv ist („The Monroes“) und Papa Franz hat sie viele Konzert-Touren unternommen. „Wir durften uns zu jeder Zeit in alle musikalischen Richtungen hin entwickeln“, schwärmt Martina, „rückblickend empfinde ich das als richtig schön. Als ich zum Beispiel gesagt habe, dass ich Saxophon spielen möchte, durfte ich Saxophon spielen. Musik ist ein Teil von mir und war von Anfang an immer präsent in meinem Leben. Seit ich mich bewusst erinnern kann, hat unser Papa mit uns gesungen und Musik gemacht, haben wir uns mit diesem Thema auseinander gesetzt. Musik war einfach immer da“.

Musik als Zweitberuf

Trotzdem hat sich Martina Breznik beruflich für einen nicht-musikalischen Weg entschieden und ist bis heute froh darüber. „Wir haben immer vorgelebt bekommen, nicht von der Musik zu leben, wir haben alle Musik immer zusätzlich zum Job gemacht. Es ist eher ein „Zweitberuf“, denn der Begriff „Hobby“ würde es nicht ganz fassen. Ich wollte nie finanziell abhängig von der Musik sein, das wäre für mich eine ganz stressige Vorstellung. Allein der Gedanke, dass ich davon leben müsste…“, erklärt Martina Breznik und schüttelt sich. Es sei daher auch nie Thema gewesen, Gesang oder Musik zu studieren, „ich wollte einfach nur Musik machen, weil ich es gern tu und weil es mir Spaß macht. Und ich hätte Angst davor, dass mir das verloren geht, wenn ich hauptberuflich Musik machen würde – und ein bisschen hätte ich mich auch davor gefürchtet, dass dann irgendjemand zu mir sagt, dass das, was ich da so liebe, ein kompletter Schwachsinn oder falsch wäre“. Natürlich habe sie mitunter auch darüber nachgegrübelt, ob sie ihr Talent nicht weiter ausschöpfen sollte, „eine Zeit lang habe ich – so einmal im Jahr – Zweifel bekommen und gedacht, ob ich nicht doch mein Talent verschleudert habe und ob ich nicht vielleicht doch hätte studieren gehen sollen!? Aber die Antwort war dann immer dieselbe: Der Weg war richtig, ich hätte auch nie weg wollen aus Vorarlberg. Bereits Innsbruck wäre für mich viel zu weit weg gewesen von zu Hause. Ich bin ein richtiger Dahoamhocker“.

Kleines blondes Mädchen mit Reibeisenstimme

Noch bevor Martina als kleines Mädchen die Leidenschaft zu Musikinstrumenten gefunden hat, war ihre Liebe zum Singen da. Auch als sie sich längst mit Blockflöte, Klavier, Saxophon und Kontrabass vertraut gemacht hatte, ist die Liebe zur Stimme stärker geblieben. Und Jazz als Stilrichtung war das, was sie immer schon am tiefsten berührt hat. „Ich habe ja verschiedene Richtungen gesungen, aber beim Jazz bin ich einfach ganz bei mir, da fühle ich mich zuhause. Warum das so ist, kann ich nicht erklären. Es ist einfach so.“ Als sie im Alter von zwölf Jahren im Musikgymnasium eine Ausbildung bei einer klassischen Stimmbildnerin erhielt, fiel das „Kind mit der heiseren Stimme natürlich sofort auf. Und die Stimmbildnerin hat das kleine blondes Mädchen mit der tiefen Reibeisenstimme erst mal zum HNO-Arzt geschickt“, erzählt Martina Breznik, „und der hat nach einem Blick auf die Stimmbänder und die darauf sitzenden Knoten gesagt: Singen ist etwas, das du in deinem Leben nie tun wirst – und nie tun darfst“. Also war die große Liebe der Martina Breznik lange Zeit danach erstmal keine Thema mehr.
Stattdessen hat sie eben ihre Instrumente gespielt, „aber es war nie ganz das, was ich wirklich wollte“. Erst im Alter von 17 Jahren hat sie durch Zufall wieder einmal in ein Mikrofon gesungen, schöne Rückmeldungen erhalten, „und ab diesem Zeitpunkt wollte ich dann einfach nur noch singen. Alles andere war egal. Ich wollte danach nicht einmal mehr mein Saxophon angreifen – und das habe ich wirklich sehr lange gespielt. Irgendwie war das aber immer nur der Ersatz fürs Singen. Und das brauchte ich jetzt ja nicht mehr“.

Die singende Steinmetzin und Kinderbetreuerin

Gleichzeitig, nach Abschluss der Matura, hat Martina Breznik eine Steinmetz-Lehre begonnen. „Ich wollte etwas mit meinen Händen arbeiten. Goldschmied war zu filigran für mich, Metall und auch Holz waren nicht das richtige Material, darum habe ich mich für Steinmetz entschieden. Ich habe es geliebt, Steinmetzin zu sein, es ist ein großartiger Beruf, diese Erfahrung ist für mich heute unbezahlbar“, schwärmt sie. Sieben Jahre lang sie den Beruf ausgeübt und von Küchenplatten über Böden bis hin zu Fensterbänken, Vogeltränken und Brunnen alles selbst gefertigt. Schlussendlich habe ihr aber die soziale Komponente gefehlt, dazu sei auch der körperliche Verschleiß durch die harte, körperliche Arbeit zu groß geworden. Auf ärztlichen Rat hin hat sich Martina Breznik schlussendlich nach neuen Möglichkeiten umgesehen. „Es war dann wieder einmal eine meiner Hauruck-Aktionen, von einem Tag auf den anderen habe ich umgeschult, als ich – durch Zufall – zur Kleinkindbetreuung gekommen bin und gemerkt habe, dass ich das gut kann und gerne mache.“ Bis heute ist die Mitte-Dreißigjährige dabei geblieben, hat sich ständig weitergebildet, schreibt derzeit gerade an ihrer wissenschaftlichen Abschlussarbeit für einen Fachlehrgang.
Dabei hätte sie sich noch mehrere Berufe für sich vorstellen können: „Zwischendurch hab ich mir gedacht, eine Kochlehre zu beginnen. Jetzt ist Kochen eben mein Hobby, oder wie ich es nenne: eher mein Yoga. Ich finde es schön, wenn man ein Handwerk wirklich kann – Kochen ist für mich genauso ein Handwerk, ein Kunsthandwerk eigentlich. Wer weiß, vielleicht mach ich das ja noch …“, überlegt Martina Breznik und schmunzelt.

Martina Breznik Jazz Band und Benefizkapelle

Derzeit jedenfalls ist sie mit Weiterbildung, Job und Musik gut ausgelastet: Seit mittlerweile 13 Jahren steht sie mit ihrer „Martina Breznik Jazz Band“ auf Vorarlbergs großen, kleinen und privaten Bühnen. „Die Band ist mein langjähriger Begleiter, es haben sich hier einfach die Richtigen getroffen – ähnliche Typen wie ich, die einfach gerne miteinander Musik machen. Deshalb funktioniert das auch schon so lange so gut.“ Außerdem ist Martina Breznik aktives Mitglied bei der „Egg Big Band“, die sie – wie es dort heißt – „xanglich“ unterstützt.

Zusätzlich, drei Mal im Jahr und als persönliche Höhepunkte ihrer musikalischen Saison, tritt die Jazzsängerin in anderer Formation auf: Nämlich beim traditionellen Benefizkonzert der „Krebshilfe“, bei dem sich immer um die Weihnachtszeit eine „Band auf Zeit“ rund um die Urgesteine der Vorarlberger Rockmusik (unter anderem Reinhold Bilgeri, Michael Köhlmeier, Harry Marte, George Nussbaumer und Bernie Weber) jeweils zu einem anderen musikalischen Motto auf der Bühne zusammenfindet. „Es ist immer wieder etwas Herausragendes“, erzählt Martina Breznik, „wir selbst haben den größten Spaß auf der Bühne, das Publikum hat eine Gaude und am Schluss ist es auch noch für einen guten Zweck. Die Musiker unserer Benefizkapelle treffen sich unterm Jahr ja nicht so oft, dafür aber ganz intensiv. Und das macht es auch so spannend. Und Benefiz ist nochmal eine andere Ebene, ein Highlight eben.“

Gut vernetzte Musikszene

Insgesamt sieht Martina Breznik die Musikerszene im Land gut vernetzt. „Jeder hat fast schon mit jedem gespielt“, erzählt die Sängerin, „ich finde es auch schön, sich die Projekte von den anderen anzusehen und zu begleiten. Es existiert ein reicher Pool an tollen Musikern im Land, aus dem man schöpfen kann. Alles in allem geht es uns Musikern in Vorarlberg recht gut, unser Schaffen fällt auf sehr dankbaren, fruchtbaren Boden – ob das jetzt die Art der Auftritte, die Entlohnung oder das Interesse des Publikums betrifft. Da darf man zwischendurch auch einmal experimentell unterwegs sein wie wir etwa mit unserer CD-Produktion „Silberdisteln“. Ich weiß, dass es in Wien beispielsweise aufgrund der Fülle an guten Musikern unvergleichlich schwieriger ist. Allerdings macht man in Vorarlberg auch nicht „das ganz große Ding“, es geht eben nur bis zu einer bestimmten Grenze. Wer mehr will, muss da schon drüber gehen.“

—-Im angefügten Musikfile ist der Titel „As dunklat ondra Bänka“ aus der angesprochenen CD-Produktion „Silberdisteln“ zu hören. Ein bekanntes Volkslied aus Lustenau. Worte: Hannes Grabher / Musik: Armin Bonner

Den idealen Beruf erschaffen

Für ihre eigene Zukunft wünscht sich Martina Breznik, eine Tätigkeit zu finden, die Grenzen auflöst und in der sich all das, was sie so liebt, vereinen lässt: „Jetzt bin ich zwar in einem sozialen Beruf, was ich ja sehr gerne mache, aber ich merke auch, dass mir die handwerkliche Komponente doch fehlt. Vielleicht muss ich diesen für mich idealen Beruf ja erst erfinden. Ich denke da beispielsweise an so etwas wie ein handwerkliches Pendant zum „Jakobsweg“. Ich weiß einfach, wie befreiend es ist, wenn man eine gewisse Zeit lang mit aller Kraft einen Stein bearbeiten kann. Ich weiß, was da im Kopf und Körper passiert, wenn man mit großem Aufwand etwas erschaffen kann, das man danach auch angreifen kann. Das ist ein wunderbares, klares, befriedigendes Gefühl. Das ist mein Traum: einen Beruf zu haben, der das alles verbindet, alles, was ich gerne mache und gut kann. Und ich habe das Gefühl, dass da noch was kommt…Ich kenne so viele Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen – sei es Musik, Kunst, Politik, Medizin. Irgendwie muss ich das doch nutzen können. Ich bin noch nicht dort. Aber es fällt mir bestimmt noch ein, und dann werde ich das auch umsetzen.“

Wir haben keinen Zweifel daran und wünschen weiterhin viel Erfolg!

Verfasst im März 2017

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