Susan La Dez

Schauspielerin, Moderatorin, Regisseurin, Choreografin, Psychologin

Seit sie denken kann, ist die Schauspielerei Teil ihres Lebens. Die gebürtige Feldkircherin empfand es immer schon als ganz natürlich, ihre Gefühle und Gedanken auf kreativem Wege auszudrücken und mit anderen zu teilen. Susan La Dez (in ihrer Kinder- und Jugendzeit besser bekannt als Susan Dezfulian) ist in Vorarlberg aufgewachsen, hat durch ihr Studium und ihre Ausbildungen unter anderem in Innsbruck, Wien und Südtirol gelebt und hat sich sowohl vor der Kino- und TV-Kamera, als auch hinter und auf der Theaterbühne einen Namen gemacht. Seit mittlerweile 13 Jahren lebt und arbeitet Susan La Dez im Südtiroler Barbian.

Wir Schwarz-Schwestern haben Susan La Dez kennen gelernt, als wir noch kleine Kinder und für kurze Zeit ihre Nachbarinnen in Feldkirch waren. Schon damals – und daran könne wir uns noch ganz genau erinnern – hat sie uns mit ihrer temperamentvollen Art und ihrem herzlichen Lachen beeindruckt. Susan ist ein positiver, offener und sonniger Mensch – auch wenn (oder gerade weil) man ihr in Vorarlberg als Kind oft ganz anders begegnet ist:

Titelbild außen: Schauspielagentur AMT Vienna
Titelbild innen: Queen Agentur Bludenz

Nicht der Ort ist es, der deine Heimat ausmacht, sondern das Gefühl

Susan La Dez empfindet es auf der einen Seite als „Geschenk“, in der Natur von Vorarlberg aufgewachsen zu sein. Ihre Lieblingsplätze waren die Bäume, „da saß ich gerne in der Krone und konnte einfach sein“, erzählt sie. „Auf der anderen Seite wurde ich schnell damit konfrontiert, anders zu sein. Ich bin zwar in Vorarlberg geboren und aufgewachsen, aber ohne Vorarlberger Dialekt. Den musste ich erst lernen, ohne Vorarlberger Wurzeln oder Verwandte. Mit einer osttiroler Mutter und einem persischen Vater entsprach ich natürlich nicht unbedingt dem Bild der klassischen Vorarlbergerin, was ich von einigen Kindern, aber auch von Lehrern klar gespiegelt und sogar vorgeworfen bekam. Ich litt darunter, nicht zu wissen, wo ich hingehöre, fühlte mich zerrissen und fehl am Platz.

Für Susan La Dez war daher bald klar: „Egal, was ich später einmal beruflich machen würde, Hauptsache weg aus diesem kleinen Land, das ich damals als sehr engstirnig und vorurteilsvoll erlebt habe. Zu dieser Zeit war Vorarlberg – gleich nach Kärnten – das Land mit den zweitmeisten Unterschriften für Haiders Ausländervolksbegehren – kein guter Boden für Toleranz und Liebe, wenn dein Nachname Dezfulian lautet…“. Dennoch, sagt sie rückblickend, sei sie Vorarlberg sehr dankbar: „Denn ich durfte in einem beschützten, natürlichen Raum aufwachsen, der mich dazu inspiriert hat, über den Tellerrand hinauszublicken und Neues zu erkunden. Ich habe auch erkannt, dass es nicht der Ort ist, der deine Heimat ausmacht, sondern das Gefühl. Und heute fühle ich mich überall dort zu Hause, wo ich mich wohlfühle und ich Liebe erfahre und empfinde.“

Als Zuschauer stand ich auf der falschen Seite der Bühne

Die Bühnenwelt war immer schon ein Teil der Mitte-Vierzigjährigen: Bereits im Alter von drei Jahren huschte sie spätabends, wenn ihre Eltern Gäste hatten und sie und ihr jüngerer Bruder eigentlich schlafen sollten, aus ihrem Bett, schlüpfte in ihr Eislaufkostümchen, um den amüsierten Erwachsenen etwas vorzutanzen. „Ich liebte es, zu tanzen, zu singen, zu malen, zu basteln und später in der Schule dann auch zu schreiben.“ Bereits beim Einstieg ins Gymnasium in Feldkirch belegte Susan das Freifach Bühnenspiel, das sie dann auch die kommenden acht Schuljahre weiter besuchte.
Bei ihren ersten Konzertbesuchen bemerkte sie dann, dass es da eine Rolle gab, die ihr so gar nicht entsprach: nämlich die des Zuschauers: „Ich war zuerst verwundert über meine Reaktion. Alle waren so voller Begeisterung, genossen die Darbietung der jeweiligen Interpreten. Ich hatte diese Gefühle nicht und ich fragte mich, wieso ich so ticke und was bei mir falsch läuft – bis erkannte: Ich stehe auf der falschen Seite! Ich wollte diejenige sein, die ihre Seele mit den anderen teilt, die andere Menschen berührt und zusammenführt.“

So klar diese Erkenntnis war, so wenig wusste Susan La Dez kurz vor der Matura, welchen Berufsweg sie nun tatsächlich einschlagen sollte: „Ich war in einer richtigen Krise. All die Jahre in der Schule ging es nur darum, die Matura zu machen, doch als diese immer näher rückte, fragte ich mich: Was soll ich danach machen? So viele Möglichkeiten. Wie sollte ich da entscheiden? Unter Tränen teilte ich mein Dilemma meinem Vater mit. Seine Antwort war wunderbar und meisterhaft, denn es war eine Frage, die mich auf mich selbst zurück warf: Wo bist Du glücklich? Auf der Bühne! kam es direkt aus meinem Mund geschossen. Na, dann, mach Schauspiel, war seine lächelnde Rückmeldung.“ Also ließ sich Susan die Unterlagen für die Schauspielaufnahmeprüfung am Mozarteum in Salzburg schicken, um dann schlussendlich doch nicht hinzugehen. „Zu klein, zu unsicher. Zu groß die Angst zu versagen.“

Susan La Dez stelle sich die Frage nach dem Interesse und dem Glücklichsein erneut und kam auf „Menschen! Und nachdem ich aus einer Schulmedizinerfamilie komme, wollte ich mich auf jenen Teil des Menschen konzentrieren, den die Medizin – besonders früher – gerne außer Acht gelassen hat: die Seele.“ Susan La Dez begann danach also in Innsbruck ihr Psychologiestudium. Und da man als Student eigentlich immer Geld braucht, und der Teil in Susan, der auf die Bühne wollte, immer noch existent war, begann sie in dieser Zeit bei der damals als Queen Agentur in Bludenz bekannten Modelschmiede als Model zu arbeiten.

Zu viel aufs Äußere fixiert

Als Sprungbrett für ihre Schauspielkarriere sieht Susan diese Zeit als Model zwar nicht, sehr wohl aber hat es ihr Selbstbewusstsein gestärkt: „Es war eine Möglichkeit, mir meines Körpers bewusst zu werden und groß sein zu dürfen. Endlich waren meine 1,80 Meter ein Vorzug. Als Model lernte ich, was es heißt, präsent zu sein. Ich erkannte aber auch, dass dieses Business in meinen Augen zu viel aufs Äußere fixiert ist, dass es nur um die Außenwirkung, nicht aber ums innere Sein ging. Ich musste erleben, wie wunderschöne Mädchen und Frauen in schwere Depressionen und Essstörungen oder sogar in den Tod stürzten, nur um einem Ideal gerecht zu werden, das sich ein paar Männer ausgedacht hatten. Das konnte ich mit meinem Herzen nicht vereinen.“ Susan La Dez kündigte ihren Job als Model und versuchte das, was sie erlebt hatte und ihrer Ansicht nach ohnehin offensichtlich war, wissenschaftlich zu beweisen: In ihrer Diplomarbeit untersuchte sie daher die Frage „Models- Verwirklichung eines Ideals durch Essstörungen“?

Magerwahn und Photoshop

Noch heute beobachtet sie die Szene kritisch: „Früher gab es zumindest noch Supermodels, die sich durch ihr Anderssein etabliert hatten, bei denen aus Modelsicht Mängel ihre Erfolgsrezepte wurden: Cindy Crawford beispielsweise musste sich sagen lassen, sie hätte zu breite Hüften und sie müsse ihr Muttermal weg operieren, und Linda Evangelista wurde gesagt, dass sie mit diesen Schlitzaugen nie Karriere machen werde…. Der Erfolg dieser Frauen bestand schlussendlich darin, sich NICHT irgendwelchen Schönheitsidealen zu beugen, sondern sich selbst treu zu bleiben. Kein einfaches Unterfangen in einer Gesellschaft, die ständig bewertet und urteilt“, philosophiert Susan La Dez.

„Und dann kam die Zeit der Gaydesigner, in der das Frauenideal dem Körper eines Jungen mit dem Busen einer erwachsenen Frau entsprach. Und der Magerwahn wurde noch intensiver. Plötzlich gab es die Größe 00. Wobei ich mich immer fragte, wenn Null ja eigentlich nichts bedeutet, was ist denn dann weniger als nichts? Es gab tatsächlich Modelscouts, die vor Magersuchtskliniken warteten, um Patientinnen als Models abzuwerben. Durch Photoshop wurden Bilder von ohnehin schlanken, langbeinigen, schöne Frauen so bearbeitet, dass die Verwirklichung dieses Frauenbildes für die einzelne unerreichbar wurde. Ein wunderbares Fressen für den Kapitalismus und unendlich viele Wirtschaftszweige, von der plastischen Chirurgie über kalorienreduzierte diätetische Lebensmittel, Pharmakologie, Kosmetik, Bekleidung und so weiter , die bis heute boomen, weil sie den Menschen einreden, dass sie dann glücklich sind.“ Susan La Dez verweist auf Versuche einer Gegenbewegung, die zumindest einzelne Länder und Designer dazu brachten, ihre Models nur mit einem Mindestgewicht auf den Laufsteg zu schicken.

Castings, Ausdauer und Glück

Wie in so vielen Branchen gilt besonders in der Schauspielerei: „Man kann noch so gut sein, es wird nichts nützen, wenn man nicht gesehen wird.“ Für Susan La Dez bedeutet(e) das, zu unzähligen Castings zu gehen, bei denen sich auf eine ausgeschriebene Rolle hundert Schauspielerinnen ein Engagement erhoffen „und stundenlang darauf warten, zwei Minuten Zeit mit einem Kameramann und Caster zu ergattern, um dann nicht mal eine Absage zu bekommen“, beschreibt Susan La Dez den beinharten Alltag eines vermeintlichen Traumjobs. „Und beim Theater muss dich überhaupt mal jemand engagieren, damit du die Chance hast, gesehen zu werden. Dann brauchst du noch das Glück, dass Dich eine Regisseurin oder ein Intendant sieht, denen Du gefällst und die mit dir arbeiten wollen. Mir wurde schnell klar: Erfolg haben nicht unbedingt die besten, sondern die mit der größten Ausdauer.“ Susan La Dez hatte Ausdauer. Und eine Portion Glück.

Immer weniger öffentliche Gelder

Auch wenn der Einstieg in die Schauspielerkarriere einmal geschafft ist, heißt es: Dranbleiben! Susan La Dez hat in den vergangenen Jahren erfahren müssen, dass gerade für diese Sparte der Kunst immer weniger öffentliche Gelder zur Verfügung stehen. „Tendenz: fallend. Deswegen haben kleinere Theater kein Geld mehr für große Stücke, sprich: In einer Spielzeit werden nun statt 50 Schauspielern nur mehr zehn engagiert.“

In Südtirol, ihrer Wahlheimat, erlebt Susan La Dez zwar eine „sehr lebendige“ Theaterszene, aber es gibt keine Ensembletheater und damit auch keine fixen Anstellungen. „Es gibt hier nur Projektverträge für ungefähr zwei Monate. Als freie Schauspielerin beträgt das Einkommen für eine Produktion ca. 1.200 Euro im Monat. Hier in Italien gibt es für Schauspieler keine Gewerkschaft, keine Krankenversicherung und keine wirkliche Pensionsversicherung“, erzählt sie, „es gibt zwar die ENPALS, das ist ähnlich wie eine Pensionsversicherung für Schauspieler, die vom Schauspieler und dem Theater eingezahlt werden müssen. Allerdings bekommt man die nur, wenn man nachweisen kann, dass man das ganze Jahr fast täglich als Schauspielerin gearbeitet hat – was natürlich unmöglich ist, wenn man keine Fixanstellung hat, die es ja in der Theaterlandschaft hier in Südtirol gar nicht gibt… Wer also künstlerisch tätig sein will, zahlt selbst bei einer Künstler- oder Privatversicherung ein. Und um sich das leisten zu können, müssen die meisten mehrere Jobs gleichzeitig machen, um sich ihr Überleben zu sichern“. Überhaupt, fügt Susan La Dez mit Augenzwinkern hinzu, sei es von der Erfolgsquote rein statistisch immer ein Wagnis, sich für einen künstlerischen Beruf zu entscheiden: „Aber ich sage immer: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“

Susan La Dez erlebt ihren Schauspielberuf noch heute als „alles andere als frauenfreundlich. Obwohl es mehr weibliche als männliche Schauspieler gibt, gibt es immer noch viel weniger Frauen- als Männerrollen. Und die Frauenrollen, die geschrieben werden, sind oft noch auf die Klischees Mutter, Heilige oder Hure reduziert. Aber ein paar neue AutorINNEN lassen auch einen frischen Wind wehen…“. Als Schauspielerin sei man ab einem Alter von 40 schon alt. Susan La Dez weiß aus Erfahrung, dass man ab dann für 60-jährige Figuren besetzt wird, „wobei ein 40-jähriger Mann durchaus einen 40-jährigen Mann spielen darf. Einer wunderbaren Regisseurin, mit der ich zusammen arbeite, wurde in einem Theater in Deutschland gesagt, dass sie mit ihren 50 Jahren zu alt sei, um bei dem Stück, für das sie sich beworben hatte, Regie zu führen. Sie bräuchten einen jüngeren Blickwinkel – und haben statt ihr prompt einen 70-jährigen (!) Mann als Regisseur engagiert…“.

Susan La Dez erzählt von Schauspielkolleginnen, die Mütter sind und einen Großteil ihres hart verdienten Geldes für die Kinderbetreuung ausgeben müssen. „Hinzu kommt, dass es für eine Frau – abgesehen von einer Handvoll Stars – unmöglich ist, eine ganze Karriere lang Schauspiel-Engagements zu bekommen. Also machen viele Zweit- und Drittjobs. Im Grunde arbeiten sie also, um arbeiten zu dürfen. Aber das hat auch viele Schauspielerinnen schon dazu inspiriert, selbst Stücke zu schreiben, Gruppen zu gründen und aus eigener Kraft Plattformen zu schaffen, über die sie dann ihre Kunst zeigen können. Ich hatte das Glück, mit wunderbaren Regisseurinnen und Regisseuren zu arbeiten, die einen anderen Blickwinkel haben und das Menschliche vom Künstlerischen nicht trennen.“

Video-Hinweis: „Auftakt zur 50. Jubiläumssendung SPIELZEIT auf Südtirols Bühnen“

Schicksal führte Regie

Seit mittlerweile 13 Jahren lebt Susan La Dez in Barbian in Südtirol, „umgeben von Menschen, die mich als eine der ihren aufgenommen und es geschafft haben, dass ich mich hier zuhause fühle“. Dabei begann alles mit einer spontanen Entscheidung, die Susan La Dez eigentlich nach Amerika hätte führen sollen: „Denn damals wollte ich – nach sechs Jahren Wien – eine Veränderung und beschloss, eine Schulfreundin in New York zu besuchen und danach ein bisschen Amerika zu bereisen. Das fiel schließlich alles ins Wasser. Und da stand ich nun: Wohnung gekündigt, keinen Job und nicht wissend, wohin. Also besuchte ich einen lieben Freund in Südtirol, der mir prompt erzählte, dass man für eine Theaterproduktion der Rittner Sommerspiele eine Schauspielerin suchte, die auch singen kann. Ich bekam die Rolle und zog nach Südtirol. Das Schicksal hat mich hierher geführt.“ Susan La Dez versucht deshalb, im Moment zu sein, im Jetzt zu leben, „das zu fühlen und zu tun, was jetzt zu fühlen und zu tun ist. Ich habe keine Pläne, denn das Leben schreibt sie ohnehin um…“.

Susan La Dez kommt zwischendurch immer wieder auch nach Vorarlberg zurück, um ihre Freunde zu besuchen, ihre Mutter und ihren Bruder, „der mir zwei entzückende Nichten, in die ich mich total verliebt habe, und eine traumhafte Schwägerin und Freundin beschert hat. Denn auch wenn wir nicht am selben Ort wohnen, wollen wir noch immer unsere Gefühle, unsere Erfahrungen, unsere Zeit und unsere Liebe teilen. Mein Vater ist leider verstorben, und ich danke ihm dafür, dass ich ihn dabei begleiten durfte“.

Routine macht mich krank

Susan La Dez arbeitet überwiegend als Theater- und Filmschauspielerin, daneben als Sängerin, Regisseurin, Choreografin, Autorin, Psychologin, Pranatherapeutin, Medium und „Priesterin für freie Hochzeits- und Verabschiedungszeremonien“. Zudem ist sie Coach für Rhetorik, Sprechtechnik, Stimmbildung und Präsentation für Radio- und Fernsehstationen, Schulen, Firmen und Privatpersonen. Einem breiteren Publikum bekannt ist Susan La Dez unter anderem durch ihre Rollen als Vorarlberg- Korrespondentin der ORF-Show „ Taxi Orange 2“ sowie als gestrenge Benimmlehrerin im deutschen Kinofilm „Das Märchen von der Prinzessin, die unbedingt in einem Märchen vorkommen wollte“ an der Seite von Hanna Merki, Sky Du Mont und Michael Kranz. Einen wirklichen Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere gibt es für die Schauspielerin persönlich nicht: „Für mich ist der Höhepunkt immer da, wo ich mich gerade befinde.“

Foto-Hinweis: Dreharbeiten zum Kinofilm „Das Märchen von der Prinzessin, die unbedingt in einem Märchen vorkommen wollte“; Foto: ©FR Entertainment

Für Susan La Dez ist diese Vielfalt ihrer Beschäftigungen fast schon lebensnotwendig: „ Ich habe erkannt, dass mir diese Art von Leben sehr entgegenkommt, ich brauche die Abwechslung. Routine macht mich krank, das durfte ich an eigenem Leib und Seele erfahren. Außerdem denke ich, dass kein Mensch eindimensional ist. Wir alle haben unzählige Seiten an und in uns, die alle gelebt werden wollen. Abgesehen davon: Um als Künstlerin auch finanziellen Erfolg zu haben, müsste man so viel arbeiten, dass die Gefahr besteht, dass einem die Freude und die Leidenschaft abhandenkommen, weswegen man diesen Beruf ja eigentlich gewählt hat. Ich sehe das so: Wenn ich mein halbes Leben lang dreimal täglich mein Lieblingsessen vorgesetzt bekomme, wird es auf Dauer nicht mehr mein Lieblingsessen sein. Da war die Ausbildung zur Pranatherapeutin ein wunderbares Geschenk für mich. Nun hatte ich die Möglichkeit, über meine zwei Leidenschaften – nämlich die darstellende- und die Heilkunst – mein Brot zu verdienen. Damit habe ich mich aus der Abhängigkeit und der Gefahr der Eintönigkeit gelöst“.

„Alltag“ im klassischen Sinn gibt es also für Susan La Dez nicht. Wenn sie gerade in einer Produktion arbeitet, die im Schnitt zweieinhalb Monate dauert, dann steht sie sechs Wochen lang jeweils sechs Tage um 6.00 Uhr morgens auf, lernt Text, geht für sechs bis acht Stunden in die Probe und macht daneben noch ein zwei, drei Behandlungen pro Woche. „Wenn die Proben vorbei sind und ich nur noch Aufführungen habe, behandle ich untertags und spiele abends meine Vorstellungen. Und wenn dann die Produktion vorbei ist, verlagert sich mein Schwerpunkt wieder auf meine Heilarbeit, die ich mir frei einteile.“

Fix ist bei Susan La Dez momentan nur die wöchentliche Probe mit ihrer vierköpfigen Band „TurboTrööT“, die in den Kritiken schon als „die schrägste Band Südtirols“ gelobt wurde. Susan La Dez empfindet das Arbeiten mit der Band mehr als „Ausgleich und Genuss, mit den drei Jungs von der Band – Nick, Luki und Wilco – darf ich mich gemeinsam ausleben und verrückt sein.“ Gleichzeitig gibt sie aber zu: „Ein großartiges Privatleben habe ich nicht. Aber irgendwie gibt es da nicht wirklich eine Trennung für mich, da ich ja auch beruflich das machen darf, was ich liebe. In meiner Freizeit treffe ich mich mit Freunden auf einen Kaffee, schreibe Texte, singe, male, meditiere, mache Yoga, tanze in meiner Küche, wenn ich beim Kochen oder Abwaschen einen coolen Song im Radio höre oder gehe zu meinem Lieblingsort, dem Barbianer Wasserfall.“ Denn so sehr Susan La Dez auch das Zusammensein und den Austausch mit Menschen genießt, so sehr braucht sie auch ihre Rückzugsphasen allein in der Stille oder in der Natur.

Barbianer Wasserfall; Foto: Elisabeth Wieder

Foto-Hinweis: Barbianer Wasserfall; Foto: Elisabeth Wieder

Lasst uns verrückt sein!

Dann hat sie nämlich Zeit, zu philosophieren und ihre Gedanken fliegen zu lassen, „ich glaube an die ständige Weiterentwicklung des Menschen und arbeite auch stets an meiner eigenen“. Susan La Dez bezeichnet sich selbst als „unverbesserlichen Idealisten. Ich glaube daran, dass wir eine Welt von Frieden und Liebe schaffen können, dass kein Mensch von Grund auf böse ist, sondern dass er Verletzungen erlebt haben muss, die ihn zu verletzenden Taten führen. Alles was kein Ausdruck von Liebe ist, ist ein Ausdruck von Angst. Und Angst macht uns klein und manipulierbar, was große Institutionen wie Banken, die Kirche, Medien, Staatsoberhäupter, Pharmakonzerne schon längst erkannt haben.“

Deshalb lebt Susan La Dez nach dem Motto: „Sei nicht gegen Krieg, Unterdrückung, Ausländerhass, Trump oder den Nachbarn. Sei für die Liebe, Gleichberechtigung, Toleranz und Frieden. Viele halten mich für verrückt, daran zu glauben, dass das jemals geschehen wird. Aber wie heißt es so schön: Nur wer verrückt genug ist, zu glauben, er könne die Welt verändern, tut es auch. In diesem Sinne: Lasst uns verrückt sein!“

Verfasst im Juni 2017

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